Viele Menschen sind mit ihrem Aussehen unzufrieden. Das Diktat von Schönheitsnormen und das Versprechen der Werbung, dass Schönheit Glück bedeute, hat großen Einfluss darauf, wie Frauen und Männer ihren Körper wahrnehmen. Das ständige Ringen mit (vermeintlich) überschüssigen Kilos sowie die Inanspruchnahme von korrigierenden Eingriffen am eigenen Körper zeugen von den Anstrengungen, möglichst gut auszusehen. Den meisten Leuten gelingt es aber schlussendlich doch, sich mehr oder weniger gut mit ihrem Aussehen anzufreunden. Die Erfahrung, dass sich Attraktivität aus verschiedenen Komponenten zusammensetzt, erleichtert meistens das Annehmen der eigenen Leiblichkeit.
Körperdysmorphe Störung
Auf Kriegsfuß mit dem Körper
Anders verhält es sich bei Menschen mit körperdysmorpher Störung. Dieser Begriff bezeichnet die fixe Überzeugung, missgestaltet zu sein. Der verzerrte Blick auf den Körper kann Teile von ihm sowie den gesamten Leib betreffen. Die erlebten Mängel des Körpers beziehen sich, abhängig von der betroffenen Person, auf das Aussehen und/oder auf die Beschaffenheit von Organen, etwa die Genitalien, den Darm oder auch die Zähne. Medizinische Eingriffe am Körper zur Behebung der vermeintlichen Missbildungen führen nicht zu der angestrebten Erleichterung. Im Gegenteil, dadurch wird meistens ein schwer zu durchbrechender Kreislauf von Operation, dadurch verursachter neuer Unzufriedenheit mit dem Körpererleben und weiteren medizinischen Eingriffen in Gang gesetzt.
Der Körper - ein Hindernis
Betroffene schämen sich ihren Mitmenschen gegenüber und fühlen sich unzulänglich. Sie glauben, dass ihrem Umfeld die von ihnen selbst wahrgenommenen Missbildungen ins Auge stechen. Die Kommunikation mit anderen wird stark beeinträchtigt, weil ihre Gedanken bei nahezu jeder Unterhaltung um den verspürten Makel kreisen. Das Meiden sozialer Kontakte und weitgehender Rückzug sind die Folgen.
Die Ablehnung des eigenen Körpers verunmöglicht meistens die Aufnahme von sexuellen und partnerschaftlichen Beziehungen.
Betroffene leiden unter ihrer Fixierung auf den Körper, der oft der gesamten Lebensgestaltung im Wege zu stehen scheint.
Die Körperdysmorphie geht manchmal einher mit Anorexie (Magersucht).
Psychotherapeutische Behandlung
In der psychotherapeutischen Behandlung geht es darum, die psychischen Mängel hinter den körperlich erlebten spürbar zu machen. Grundlegende Defizite an Zuwendung während des Heranwachsens haben eine scheinbar nicht mehr zu füllende Lücke hinterlassen. Betroffene haben das Gefühl, unentrinnbar in einem schadhaften Körper festzusitzen. In einem Lernprozess machen Klient_innen die Erfahrung, dass in der Vergangenheit zugefügte Wunden im Hier und Jetzt heilen können. Und dass sie selbst dazu beitragen können. Wenn der Körper den Betroffenen/die Betroffene nicht mehr so stark in Beschlag nimmt, dürfen sich die Potenziale, die in der eigenen Persönlichkeit stecken, erstmals ungehemmt entfalten. Dadurch sind neue zwischenmenschliche Erfahrungen möglich, welche ein Korrektiv für das eigene Selbstbild darstellen.